Corona-Pandemie: Angst und Stress bewältigen
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Ein Gespräch
mit Prof. Dr. Marc Ziegenbein
Viele Menschen berichten, dass sie an gar nichts anderes mehr denken können als an die Gefahr durch das Coronavirus. Das sei oftmals kaum auszuhalten. Wie kommt man von diesen Gedanken weg?
Sehr viele Menschen waren bereits vor der aktuellen Situation einer ständigen Reizüberflutung durch Informationen ausgesetzt. Diese wird nun durch das ständige sich Anschauen von Nachrichten-Updates und Social-Media-Feeds noch einmal verstärkt. Ich kann nur dazu raten, zu einem bewussten Medienkonsum zu kommen. Nachrichtenpausen tun gut und helfen, sich auch auf andere Dinge zu konzentrieren und damit auch abzulenken. Das ist für das psychische Gleichgewicht sehr wichtig. Stellen Sie sich eine kompakte Auswahl von relevanten und sachlichen Informationen zu definierten Uhrzeiten zusammen. So können Sie sich und Ihre Angehörigen auf den nötigen Sachstand bringen und haben den Kopf zwischendurch freier.
Alltag und Arbeitswelten verändern sich gerade an vielen Orten. Absoluter Stillstand, Home Office oder Überstunden mit Arbeitsüberlastung in Krisenzeiten. Was kann wem am besten in der jeweiligen Situation helfen?
So komisch es angesichts der unterschiedlichen Rahmenbedingungen klingen mag: Aber jeder Einzelne darf die Selbstfürsorge und Achtsamkeit nicht vergessen. Dazu empfiehlt es sich auch, den Tag so gut wie möglich in eine Struktur zu bringen: auf gesunde Ernährung zu achten, genügend Schlaf zu bekommen, und auch Dinge nicht zu vergessen, die einem Spaß machen. Aktivitäten wie Spazierengehen, Meditieren oder Sport können helfen, sich zu entspannen, und wirken sich positiv auf Gedanken und Gefühle aus. Insbesondere für diejenigen die in der Krise stark gefordert sind, ist es wichtig, die eigenen Grundbedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Dafür darf man auch als Helfer ruhig einmal um Hilfe und Unterstützung bitten.
„Denk positiv!“ ist einer dieser Tipps, die derzeit in vielen Ratgebern stehen. Ganz ehrlich, wie soll das gehen und wofür ist das gut, wenn um einen herum gefühlt gerade alles einstürzt?
Die positiven Gedanken sind enorm wichtig, um einen zusätzlich zerstörerischen Kreislauf auszuhebeln. Krisen und schmerzhafte Erfahrungen erzeugen in der Regel negative Gedanken und negative Gefühle. Und in diesem Leid neigt man oft zu Reaktionen, die die Situation noch schwieriger machen. Daraus entstehen weitere negative Gedanken und Gefühle, die die Betroffenen sehr leicht in eine Abwärtsspirale ziehen können. Gleichzeitig kann man sich aber aktiv vornehmen, sich nicht gänzlich in negative Gedanken und Gefühle hineinzusteigern. Versuchen Sie, sich auf positive Dinge in Ihrem Leben zu konzentrieren. Das können eigene Alltagsmomente und lieb gewordene Gewohnheiten sein, aber auch die kleinen Gesten aus der Nachbarschaft, von der Familie, von Freunden oder dem geliebten Haustier.
Wie kann man am besten mit den Ängsten und dem ganzen Stress umgehen?
Sprechen Sie über Ihre Ängste, Gefühle und Stressfaktoren entweder in der häuslichen Gemeinschaft und/oder bleiben Sie mit Freunden und Familie im alternativen Kontakt, über Telefon, Video oder auch per Messengerdienst. Kapseln Sie sich nicht völlig ab. Sie werden erstaunt sein, wie häufig ihr Gegenüber oder auch andere Menschen ähnliche Sorgen und Gefühle haben. Nehmen Sie Unterstützungsangebote an und vielleicht fällt Ihnen auch jemand ein, der möglicherweise allein ist und der Hilfe bedarf oder einen Gesprächsaustausch benötigt. Anderen in der Not helfen, das tut einem meist auch selbst gut. Eine bessere wohltuende Situation kann es doch gar nicht geben.
Und wenn man gar nicht mehr weiter weiß?
Dann suchen Sie sich professionelle Hilfe. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt, mit Ansprechpartnern aus der Kirchengemeinde, den psychosozialen Beratungsstellen, der Telefonseelsorge. Es gibt vor Ort jeweils unterschiedliche Angebote. Auch wir im Klinikum Wahrendorff haben eine Telefonsprechstunde eingerichtet. Anrufende haben dabei die Möglichkeit, mit erfahrenen Psycholog*innen und Ärzt*innen zunächst telefonisch Kontakt aufzunehmen, um eine Beratung oder Empfehlung zu einer möglicherweise sinnvollen therapeutischen Begleitung zu erhalten.Sollte der Bedarf einer therapeutischen Begleitung bestehen, werden Sie von uns ein entsprechendes entlastendes Angebot erhalten. Das Angebot richtet sich nicht nur an Menschen mit psychischen Vorerkrankungen, sondern auch ausdrücklich an Menschen, die erstmalig eine psychische Krise erleben – egal ob jung oder alt.
Sie erreichen die Telefonsprechstunde unter der Rufnummer 0800 8459390 jeweils von Montag bis Donnerstag 09:00 bis 16:00 Uhr und am Freitag von 09:00 bis 14:00 Uhr.